Die Verwechselung zweier Begrifflichkeiten und worauf wir achten müssen, damit diese Zeit nicht zur Zeit der Ausgrenzung wird.

In den letzten 7 Wochen haben wir uns distanzieren gelernt – körperlich, weil das bösartige Corona Virus sich immer weiter überträgt. Kontakt- und Tröpfcheninfektionen werden umso wahrscheinlicher, je enger man körperlichen Kontakt mit Erkrankten hat. Deshalb heißt es auch für die nächste Zeit weiter, nicht nur die Nies- und Hustenetikette einzuhalten, sondern weiterhin mindestens 1,5 Meter Abstand zu anderen Personen zu halten und alle nicht zwingenden sozialen Kontakte absolut zu vermeiden.

Immer wieder liest man in diesem Zusammenhang den Begriff „Social Distancing“. Um die Risikofaktoren zu meiden, rät das Robert-Koch-Institut (RKI) zu „Sozialer Distanzierung“. Es brauche „Abstand zwischen (den) Menschen“, sagt RKI-Vizepräseident Dr. Lars Schaade. Nur so lasse sich das Virus, für das es bislang keinen Impfstoff gibt, eindämmen.

Das Wort an sich ist klar, hart und lässt erahnen zu was es führen wird. Körperlich Abstand zu nehmen ist die eine Sache. Sozialen Abstand nehmen heißt: „Ich will mit Dir nichts mehr zu tun haben.“ Wie verwirrend! In nicht Corona Zeiten hätten wir jemanden, der uns nicht die Hand gibt oder zwei Meter Abstand von uns hielt, zugeschrieben, dass er uns nicht mag – und Abstand auch im sozialen Sinne nehmen möchte. Seit 7 Wochen ist das nun alles anders.

Auch die Interpretation von Körpersprache hat sich durch die Coronakrise verändert. Altes gilt auch nicht mehr in Bezug auf Mimik und Gestik. Mit Einführung einer Mundschutzpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln und – in den meisten Bundesländern – auch in Geschäften sind jetzt zusätzlich zum „Physical Distancing“ auch noch große Teile des Gesichts verdeckt. Das Lächeln des Gegenübers beim Einkaufen oder im Bus ist nicht mehr zu erkennen. Das ist als Teil der nonverbalen Kommunikation aber ein äußerst zentraler Aspekt der zwischenmenschlichen Verständigung. Über die Mimik drückt ein Mensch mehr aus, als er es mit Worten allein könnte. Die Mimik ist gemeinsam mit der Gestik ein wichtiger Bestandteil der nonverbalen Kommunikation.

Die Körpersprache, Gestik und Mimik, ist das erste was wir als Menschen lernen: Wenn Eltern ihr Baby anlächeln, lächelt es zurück und erfährt die positive Bestätigung dieses Austauschs.

Wer sich mit Embodiment, also der Wechselwirkung von Körper und Psyche, beschäftigt, wird verstehen, welche biologische Verknüpfung es zwischen Gehirn, Verstand und Körpergeschehen gibt. Dass menschliches Fühlen und Wahrnehmen bzw. Urteilen massiv vom Körper beeinflusst ist, wissen Psychologen seit vielen Jahren.

Ob jemand stolz ist, sich stolz fühlt, hängt auch damit zusammen, ob er oder sie aufrecht und gerade oder gebeugt und gekrümmt sitzt, aber auch das Urteilsvermögen wird von rein körperlichen Momenten bestimmt und beeinflusst.

Vereinfacht gesagt, das Prinzip des Embodiments ist die Hypothese, dass nicht nur die Psyche den Körper beeinflusst, sondern auch umgekehrt wirken sich die Selbstwahrnehmung und der Umgang mit dem Körper auf die Psyche aus (Stangl, 2020).

Doch unsere Mimik verschwindet hinter den Masken und unsere Gestik wird hinfällig, wenn wir uns nicht mehr von Angesicht zu Angesicht sehen können. Die positive Wechselwirkung eines Lächelns kann nicht eintreten, wenn andere nicht auf unser Lächeln reagieren können.

Was passiert nun, wenn nonverbale Kommunikation und die ganz direkte verbale Kommunikation aufgrund von „Physical Distancing“ in den Hintergrund geraten? Was passiert, wenn wir uns nur noch über das nötigste unterhalten und uns zurückziehen?

Psychologen und Soziologen wissen, dass die Auswirkungen von Rückzug und weniger Kommunikation dramatisch sein können. Da die Situation für uns alle noch so neu ist, gibt es bis jetzt noch relativ wenig repräsentative Untersuchungen. Die derzeitigen Beschränkungen könnten allerdings den passiven Rückzug einiger Menschen verstärken. Und dieser Rückzug ist beispielsweise typisch für eine depressive Phase.

Auch werden wir in Zukunft mehr einsame Menschen sehen. Einsamkeit lässt sich nicht einfach an der Zahl der Sozialkontakte festmachen. Einsamkeit ist wesentlich ein individueller Soll-Ist-Vergleich zwischen der quantitativ und qualitativ erwünschten Anzahl von Sozialkontakten und den tatsächlich bestehenden Sozialkontakten. Corona wird jetzt dazu führen, dass Menschen, die in Quarantäne sind, oder Menschen, die von Ausgangssperren getroffen werden, deutlich schlechtere Soll-Ist-Vergleiche haben werden. Die Folgen von Einsamkeit sind schon bekannt: Erhöhte Erkrankungsraten des Herz-Kreislauf-Systems und vermehrte psychische Störungen, insbesondere Depressionen (Beesdo & Wittchen, 2006). Vor allem wird es leider deutlich mehr Suizide geben. (Institut für Kommunikation und Gesellschaft)

Was können wir dann tun? Wie verhindern wir Einsamkeit und die tatsächliche soziale Distanzierung

Unser Körper ist so viel schneller zu lesen, zu verstehen und zu bemerken als unser Gehirn. Wir werden alle miteinander eine neue Sprache lernen müssen, damit die nächste Phase dieser Pandemie in unserem Land nicht tatsächlich zur sozialen Ausgrenzung und Vereinsamung führt.

Kurz gesprochen: Aus dem „Social Distancing“, womit, wie wir wissen, räumliche Distanzierung gemeint ist, darf keine tatsächliche soziale Distanzierung werden! Wir dürfen uns nicht sozial voneinander entfernen. Das heißt auch, dass wir kreativ werden müssen in unserer Kommunikation. Telefonieren Sie, Skypen Sie und bleiben Sie mit Ihren Freunden und Freundinnen sowie Kollegen und Kolleginnen in Kontakt. Auch wenn das Lächeln an der Kasse oder der Plausch über den Bürotisch hinweg wegfällt, über Video bleibt das weiterhin erhalten. Es mag gerade eine Durststrecke sein. Halten wir durch und verkriechen wir uns nicht!

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